HULDU - das unsichtbare Volk, dem in Island bis heute Respekt gezollt wird, sind im Volksglauben Naturwesen, die sich dem menschlichen Auge meist entziehen. „Durch zwei Islandaufenthalte war mir die besondere Stimmung dieser weiten Landschaften, die den Himmel berühren in klarster Luft, beim Atelierbesuch von Birgit Jung sofort wieder gegenwärtig“, so die Galeristin Marah Strohmeyer-Haider. Heimat für Unbenennbares, das uns über uns hinauswachsen lässt. Was wenn ein nordisches Volk richtig liegt bei jedem Straßenbau den Feenbeauftragten aus dem Regierungsparlament um Rat zu fragen, diesen zu befolgen und Rücksicht zu nehmen? Vielleicht wäre dieses „Sich-zurück-nehmen“ eine Haltung die uns eine Möglichkeit aufzeigt unseren momentan sehr herausfordernden Zeiten aufmerksam zu begegnen, um zu Lernendes zum Wohle der Erde umzusetzen.
Inmitten der Arbeiten in Birgit Jungs Atelier, die teilweise während eines „Artist in Residency Aufenthalts“ in Island entstanden sind, erinnerte ich urplötzlich eine geheimnisvolle Figurengruppe von Monika Stein zu der mir bis zu diesem Zeitpunkt der Zugang verwehrt gewesen war. Mit dieser Erkenntnis war das Ausstellungskonzept für „Huldu“ geboren.
In ihrer Installation „Round about the middle“, zeigt Monika Stein diese Figurengruppe aus Beton, von der Künstlerin in ihrer bekannten nur scheinbar groben Spachtelführung angelegt mit charakteristisch fein ausgearbeiteten Gesichtszügen. So erschafft Monika Stein ein Narrativ der einzelnen Figuren. Archaische Wesen, die zu Fünft – still eine Mitte mit Mineralien umrunden – beratend, verzweifelt, weise, hoffnungsvoll……… Etwas abseits, die sechste Plastik „Sitzende“, sie wirkt abwartend, zurückhaltend und blickt mit zusammengekniffenen Augen den Besucherinnen und Besuchern aufmerksam zugewandt ins Gesicht. Allesamt hat die Künstlerin aus dem Verborgenen befreit und durch Ihre Hand für uns sichtbar werden lassen.
Das Fries „Schattenmenschen“, eine neue Papierarbeit von Stein, kombiniert Zeichnung und Drucktechnik. Die Zeichnungen, menschliche Gesichter deren Physiognomie verschiedenste ´Charaktere widerspiegeln, die die zugrunde liegende Situation vermuten lässt. Ergänzt werden die Portraits durch figürliche und symbolische Darstellungen im Druckverfahren, zart koloriert, wie Schattenwesen als schemenhafte Begleitung des menschlichen Ausdrucks. Über einen längeren Zeitraum hinweg, in vielen Arbeitsstunden wurde das Fries immer weiterentwickelt, es zeigt den momentanen Istzustand zum Ausstellungsbeginn.
Birgit Jungs große Arbeit „Core V“ konzentriert sich auf das Selbst – Cor das Herz (Kern) - es führt mich zu mir nach Innen, erzählt die Künstlerin. Der Platz inmitten der Arbeiten „Huldu“ ist bewusst gewählt, will dem Huldufolk und den Betrachterinnen und Betrachtern Unterstützung bieten in welcher Form diese individuell gebraucht wird. Die fünf kleinformatigen Arbeiten auf Holz zu den Hulduwesen wirken vielschichtig und pastos, erreicht durch die besondere technische Vorgehensweise der Künstlerin in welcher sie unterschiedliche Malmittel schichtet und kombiniert und auf diese Weise eine plastische Wirkung erzielt, die den Wunsch nach einer haptischen Erfahrung aufkommen lässt.
In den großformatigen Gemälden Aria I und II bannt Jung den Moment eines weiten Himmels und dessen Wesenheiten auf Leinwand. Beide Werke erfahren ihre Erdung in den feinen Keramiken zu Füssen der Gemälde. Die Keramiken der Serie „Aufbrüche“ gewähren, durch einen scheinbaren Bruch, Einblick in Innerstes, hier kann die Form entstehen. Dies wird in den großflächigen Papierarbeiten „Die Form“ von Birgit Jung aufgegriffen und in den Werken „Form finden im Verborgenen I und II“ weiterentwickelt. Durch den glasfreien zart gehaltenen Bildhalter kommen uns die Formen scheinbar schwebend mit Leichtigkeit entgegen. In der Ausstellung mit den Künstlerinnen Birgit Jung und Monika Stein ist es gelungen, zwei große Künstlerpersönlichkeiten mit je einem kleinen Ausschnitt aus ihrem Werk, zu einem Gesamtkunstwerk auf Zeit, zu vereinen.
Marah Strohmeyer-Haider, Galeristin